Vor wenigen Tagen war die Geckenauer Initiative „SolidAHRität“ mit einem Hilfstransport zum bereits vierten Mal ins so arg von der Juli-Flutnacht betroffene Ahrtal unterwegs. Trotz schweren Sturms, Schnee- und Graupelschauer hatten es sich Feuerwehrkommandant und Mitinitiator Wolfgang Grom und sein Team, bestehend aus Elke Müller, Harald Seufert und Klaus-Dieter Hahn, nicht nehmen lassen, die weite und strapaziöse Tour in den Westen Deutschlands anzutreten. Mit im Gepäck hatten sie einen bis obenhin beladenen 7,5 to-Lkw, den einmal mehr der Mellrichstädter Malteser Hilfsdienst kostenfrei zur Verfügung gestellt hatte, sowie einen mit Brennholz beladenen Anhänger. Natürlich wurden auch diesmal die vielen Geld- und Sachspenden gleich an die richtigen Adressaten gebracht.
Einen besonders nachhaltigen Eindruck hinterließ dabei ein Treffen mit dem Vorsitzenden der Lebenshilfe Kreisvereinigung Ahrweiler e.V., Ulrich van Bepper, am „Lebenshilfehaus“ in Sinzig, in dem in der Flutnacht vom 14. auf 15. Juli 2021 insgesamt 12 Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in den Fluten der Ahr ums Leben kamen. Dort bietet die Lebenshilfe seit 1994 in drei Gebäuden Wohnraum und Betreuung für Menschen mit Behinderung an. Noch ist am Wohnheim selbst deutlich zu erkennen, wie hoch das Wasser in dieser Nacht stand. Der Pegelstand weist mehr als sieben Meter aus. Bis zur Unterkante des Obergeschosses ist der Putz freigelegt. Etwa drei Meter, bis über die Fenster im Erdgeschoss stieg das Wasser. Keine Chance, für die zwölf dort untergebrachten geistig behinderten Menschen zu überleben. Sie wurden von der Flut im Schlaf überrascht, waren aufgrund ihrer Behinderung unfähig, sich selbst in Sicherheit zu bringen, zumal das Wasser in diesem Landschaftsbecken unwahrscheinlich schnell anstieg. Ein Horrorszenario muss sich in diesen Stunden abgespielt haben. Pechschwarze Dunkelheit, da der Strom längst ausgefallen war, das grausige Rauschen der Wassermassen, die verzweifelt um Hilfe schreienden Menschen, die auf die Dächer ihrer Häuser ringsum geklettert waren. Pures Chaos unter verzweifelt um ihr Leben ringenden Menschen. Unvorstellbar. „Bei der sog. Jahrhundertflut im Jahr 2016 hat das Wasser gerade mal unser Anwesen erreicht !“, erläutert der noch immer tief getroffene Vereinsvorsitzende. Dabei liegt man 260 Meter vom Ahrufer entfernt. Beim Gang um das Gebäude, das aktuell leer steht und saniert wird, kann man sich kaum vorstellen, was sich in jener Nacht für schreckliche Szenen hier abgespielt haben müssen. „Dauerregen mit bis zu 200 l/m² hatte zu einem Hochwasser der Ahr von bisher unbekannten Ausmaßen geführt. Gegen 2.30 Uhr erreichte die Flutwelle Sinzig. Wegen der dramatischen schnell ansteigenden Fluten konnten die 12 Bewohner und Bewohnerinnen im Erdgeschoss nicht mehr in Sicherheit gebracht werden.“ Das gesamte Erdgeschoss wurde – teilweise bis in den ersten Stock – überflutet. 26 Menschen in der oberen Etage waren über Stunden eingeschlossen, bangten um ihr Leben und konnten erst dann durch die Feuerwehr gerettet werden. Die materiellen Schäden sind verheerend: „Die gesamte Haustechnik, der Aufzug, die EDV, die sanitären Anlagen und die Küche wurden zerstört. Das eingedrungene Wasser war mit Schadstoffen, Fäkalien und Heizöl kontaminiert. Alle vier Fahrzeuge der Lebenshilfe wurden zerstört. Spiel- und Sportgeräte, Gartenmöbel, Grill, Gartengeräte und 15 Fahrräder wurden weggeschwemmt !“, schildert der auch heute noch sichtlich geschockte Vorsitzende. Weitaus schmerzlicher als die materiellen Schäden sind allerdings für ihn die menschlichen Verluste und auch die psychischen Folgen: „Vor allem die Angehörigen, aber auch die Mitarbeiter, die die Menschen über Jahre und Jahrzehnte betreut haben und ein enges Vertrauensverhältnis entwickelt haben, sind durch dieses schreckliche Unglück teilweise schwer traumatisiert ! Wir werden die Räumlichkeiten im Erdgeschoss auch nicht mehr als Wohnräume nutzen. Sie werden künftig für die Verwaltung u.ä. verwendet,“, so Ulrich van Bepper. Die Bewohner des Wohnheims konnten nach der Flut kurzfristig in einer Einrichtung einer befreundeten Sozialorganisation außerhalb des Ahrweiler-Kreises untergebracht werden. Nun leben sie in einem früheren Hotel, das die Lebenshilfe angemietet hat. Mit Spendengeldern der Geckenauer Fluthilfe-Initiative, die Wolfgang Grom zusammen mit Hotel-Gutscheinen für einen Aufenthalt im Rhön-Park-Hotel an den Vereinsvorsitzenden überreichte, versucht man, die Traumata und Schäden, die, die schrecklichen Ereignisse hinterlassen haben, ein wenig zu lindern. „Wir freuen uns sehr über diese Unterstützung. Nicht nur wegen der finanziellen Hilfe, die wir natürlich gut gebrauchen können. Genauso wichtig ist aber die moralische Unterstützung und die Solidarität. Hier sehen wir, dass wir nicht vergessen werden. Wir danken von Herzen der Geckenauer Fluthilfe !“, betont Ulrich van Bepper.
Mit dem guten Gefühl, einer von der Flut besonders arg getroffenen jungen Familie geholfen zu haben, kehrten die Rhöner auch von einem Abstecher nach Hellenthal zwischen Schleiden und Euskirchen zurück. Dorthin hatten sie eine aus Bischofsheim spendierte Couchgarnitur transportiert. Die vierköpfige Familie Dietrich war überglücklich, endlich wieder ein Möbelstück im Wohnzimmer stehen zu haben. Das junge Ehepaar mit seinen beiden kleinen Kindern hatte ihr Wohnhaus erst 2021 mit seinen Ersparnissen erworben und umgebaut, als die Flut kam. Mit tränenerstickter Stimme schilderte der Familienvater wie das Erdgeschoss überflutet wurde, man sich ins Oberschoss rettete und dort mit ansehen musste, wie der Erdgastank in den Fluten an der eigenen Hausmauer zerschellte. Das Erdgeschoss ist auch im Februar 2022 noch eine Baustelle, Modergeruch liegt in der Luft. Die junge Familie lebt im Obergeschoss des Anwesens, während im Erdgeschoss saniert wird. Die Couch passte zentimetergenau in das Wohnzimmer. Die Augen des Ehepaares glänzten, als ihnen noch eine Mikrowelle, ein Sack Kartoffeln und verschiedene andere dringend benötigte Sachen übergeben wurden. Die weiteren Hilfsgüter, die man aus Geckenau und Umgebung mitgebracht hatten, wie Waschmaschinen, Kühlschränke, Mikrowellen, Kaffeemaschinen, Fahrräder, Vitrinenschränke usw. wurden dann bei der Sammelstelle des Ehepaares Siggi und Susi Verdonk vom Hotel „Dreimäderlhaus“ in Winnethal abgegeben. Wie das mitgebrachte Brennholz werden die Sachen dort von bedürftigen und betroffenen Menschen im Ahrtal abgeholt. Auch diesmal kehrten Wolfgang Grom und seine Mannschaft mit vielen Eindrücken und dem guten Gefühl, mit den von großherzigen Menschen überlassenen Sachen und Geldspenden die Not dort im Ahrtal zumindest ein wenig gelindert zu haben.
Auch weiterhin nimmt die Fluthilfeaktion von Katharina Prax und Wolfgang Grom in Geckenau gerne Geldspenden entgegen (Konto d. FF Geckenau: IBAN: DE29 7935 3090 0011 0693 25, Stichwort: Flutopfer – oder über die Spendenbox im Bastheimer „Dorfladen Besengau“).